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Leserbriefe
Gewalt

»Gegen Gewalt unter Kindern«

Ein Projekt im Rahmen der Elternmitarbeit
an der Grundschule Kielortallee in Hamburg

1993 – 1996

Abschlussbericht von Peter Riedel

 

INHALTSVERZEICHNIS

Einführung in das Thema
Vorwort
Konkretes Vorgehen
    
Konzeptphase
    
Arbeitsphase
    
Weitere Aktivitäten
Finanzierungsprobleme
Aussichten
Abstriche ...
Resümee
Anhang
 

 

EINFÜHRUNG ZUM THEMA

Jeder von uns war wohl schon einmal betroffen von der Gewalttätigkeit, mit der manche Kinder miteinander umgehen. Ich meine hier mit Gewalt jene Begebenheiten, wo Kinder einander vorsätzlich verletzen. Und das nicht nur körperlich, sondern auch seelisch durch Beleidigungen, Drohungen oder Spott. Dieser Gewalt begegnen wir täglich auf Straßen, auf Spielplätzen – aber eben auch auf den Schulhöfen und bei uns zu Hause.

Gewalt dieser Art ist etwas anderes als der spielerische Umgang der Kinder mit ihrer Kraft und Stärke. Sich selbst in seiner Kraft erfahren, besonders auch im Vergleich mit anderen Kindern, ist unentbehrlich für eine gelungene persönliche Entwicklung.

Gewalttätigkeit dagegen, die zum Ziel hat, andere zu verletzen, schadet sowohl der Persönlichkeit des Opfers als auch der des Täters. Diese verletzende Gewalttätigkeit ist es, die zur Zeit in erschreckendem Maße auch unter Kindern im Vor- und Grundschulalter um sich greift. Da »kämpfen« im Park  zwei 8-jährige Jungen. Einer fällt zu Boden, der »Sieger« tritt dem am Boden liegenden mit schweren Straßenschuhen gegen Brust und Kopf. Ein 9-jähriges Mädchen beschimpft ein anderes gleichaltriges mit den Worten: »Du Hure!«

Wir Erwachsenen, ob als Eltern, Lehrer oder auch nur Nachbarn, stehen in solchen Szenen oft genug hilflos oder auch unschlüssig da. »Soll ich eingreifen?«, »Machen die Ernst – oder ist es noch Spaß?«, aber auch Reaktionen wie: »Da halte ich mich raus, dafür sind deren Eltern oder Lehrer zuständig« sind nicht selten.

 

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VORWORT

Die Grundschule Kielortallee in Hamburg ist eine Schule wie viele andere. Rund 380 Kinder in insgesamt 18 Klassen, darunter eine Vorschulklasse und in jeder Klassenstufe eine Integrationsklasse. 30 Lehrerinnen und ein Lehrer unterrichten nach unterschiedlichen Konzepten. Es findet sowohl klassisch lehrerzentrierter als auch progressiv offener Unterricht statt.

Obwohl das Einzugsgebiet der Schule keineswegs zu den sozialen Problemgebieten zählt, gibt es auch hier Gewalt unter Kindern. Vielleicht noch nicht so offensichtlich und massiv wie in anderen, besonders problematischen Stadtteilen, doch die Tendenz ist deutlich zunehmend. Zu Beginn des Projekts war mein Kind in der zweiten Klasse und ich war seit einem Jahr Mitglied im Elternrat.

Nach Berichten über einige konkrete Zwischenfälle von Gewalthandlungen unter den Kindern der Schule kündigte die Schulleitung dem Elternrat an, dass sich eine Arbeitsgruppe des Lehrerkollegiums mit dem Thema Gewalt befassen wird. Der Elternrat beschloss daraufhin, einen speziell mit diesem Thema befassten Psychologen der Schulbehörde/Schülerhilfe einzuladen, um in einer der nächsten Elternratssitzungen seine Studie »Gewalt an Schulen« vorzustellen.

Auch der Elternrat bildete eine entsprechende Arbeitsgruppe, die mit den Lehrern eng zusammenarbeiten will. Ich übernahm als Projektleiter die Koordination der Arbeitsgruppe.

So entstand im Februar 1993 das Projekt: »Gegen Gewalt unter Kindern«

 

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KONKRETES VORGEHEN

Konzeptphase

Im Frühjahr 1993 fand als erstes ein Treffen zwischen der Beratungslehrerin der Schule, dem Spezialisten und Schulpsychologen vom Referat »Gewalt« der Schülerhilfe der Schulbehörde und mir als Ansprechpartner des Elternrats statt. In dieser Besprechung wurde herausgearbeitet und als Ergebnis dem Elternrat und der Schulleitung vorgetragen, dass sich Lehrer und Eltern zu dem Thema in ihrer jeweiligen Betroffenheit und Kompetenz erst noch sachkundiger machen sollten, bevor über konkrete Maßnahmen von Eltern und Schule gemeinsam konferiert wird.

In der ersten Phase sollten Eltern und LehrerInnen unabhängig voneinander Gelegenheit haben herauszufinden, wo jeder in seinem Bereich Verantwortung trägt und dadurch wirksam werden kann. Das zunächst getrennte Herangehen an das Problem sollte insbesondere verhindern, dass mangels ausreichender Kenntnisse der Hintergründe des Problems ein »Schwarzer-Peter-Spiel« gegenseitiger voreiliger Schuldzuweisungen eine kooperative Zusammenarbeit vereitelt. Besonders sollte auch die zunehmende Tendenz eingegrenzt werden, dass Eltern den LehrerInnen allein die Verantwortung für den Umgang mit dem Problem zuschieben. In einer zweiten Phase sollte dann ein gemeinsames Vorgehen von Eltern und LehrerInnen entwickelt und umgesetzt werden.

Diesem Vorgehen stimmten sowohl der Elternrat als auch die Lehrerkonferenz zu.

Wir Eltern hatten also bei uns zu Hause und dort, wo unsere Kinder ihre Freizeit verbringen, nach Ansatzmöglichkeiten zu suchen. Die LehrerInnen haben sich schwerpunktmäßig auf den Raum Schule konzentriert und ihrerseits das Thema in einer pädagogischen Konferenz behandelt.

Die Vorbereitungsgruppe des Elternrats hat in mehreren Arbeitssitzungen aus der Sicht der Eltern folgende wesentlichen Hintergründe und Ziele für das Projekt herausgearbeitet:

  • Schule und Elternhaus sind gleichermaßen betroffen und verantwortlich.
  • Das Problem soll an Elternabenden in allen Klassen thematisiert werden.
  • Eine größere Gruppe von Eltern soll zur aktiven Mitarbeit angesprochen werden.
  • Den Eltern, die im Projekt mitarbeiten, soll fachliche Hilfe angeboten werden.

Der Elternrat hat daraufhin einen entsprechenden Brief an alle Eltern der Schule geschickt, der in die Problematik einführte und zur Mitarbeit einlud. Als Reaktion auf diesen Infobrief haben über 40 Eltern schriftlich ihr Interesse zur Mitarbeit im Projekt bekundet, Eltern von Schülern aus fast allen 18 Klassen zeigten sich so im Projekt vertreten. Dies stellte zunächst eine gute Basis für die Weiterführung des Projekts dar.

Die Facharbeit im Projekt begann im November 1993 mit einem »Elternforum«, zu dem alle 40 angemeldeten Eltern nochmals schriftlich eingeladen wurden. Zur Veranstaltung selbst waren dann einschließlich der Mitglieder der Vorbereitungsgruppe allerdings nur insgesamt 15 Eltern erschienen.

Ein Fachmann der Schulbehörde und eine Psychologin einer Erziehungsberatungsstelle führten unter Einbeziehung von Fragen und Diskussionsbeiträgen der anwesenden Teilnehmer in die Thematik ein:

Die Gewalthandlungen unter Kindern haben in den letzten Jahren zwar zahlenmäßig nur leicht zugenommen; es wurde jedoch deutlich, dass die Konfliktaustragungen durch geringere Hemmschwellen und zunehmende Brutalität gekennzeichnet sind. Auffällig sei auch, dass Regeln und Grenzen immer weniger respektiert werden. Die Erscheinungsformen von Gewalt reichen von verbalen »Anmachen« in Form von Provokationen und Beleidigungen, über psychischen Druck (Gewaltandrohungen) bis hin zu Körperverletzungen. Die Ursachen und Gründe für gewalttätiges Verhalten sind vielfältig: Erfahrungen von Gewaltausübung und Ausgrenzung in den Familien und im öffentlichen Raum, Mängel an gewaltfreien Erlebnismöglichkeiten und die Suche nach jugendspezifischen Grenzerfahrungen würden von Experten der Jugendhilfe am häufigsten genannt.

Auch aus der Erfahrung der Erziehungsberaterin und Psychotherapeutin wurde die Situation beleuchtet und an Hand von Beispielen verschiedene Probleme der betroffenen Eltern und Kinder aufgezeigt. Die im Anschluss im Kreise der anwesenden Eltern und Referenten geführte Diskussion hatte folgende Schwerpunkte:

  • Unterschiede in der Ausprägung bei Mädchen und Jungen?
  • Wünsche der Eltern um Aufklärung über die Hintergründe von Gewalt.
  • Informationsbedürfnis der Eltern bezüglich weiterer Veranstaltungen zum Thema.

Aus der eigenen Betroffenheit zeigten die Eltern folgende Hintergründe als mögliche Ursachen für die Entstehung von Gewalt auf:

  • Gestörte Familienbeziehungen.
  • Kompensation persönlicher Zuwendung durch materielle Dinge.
  • Nachahmung gewalttätiger Vorbilder in Funk und Fernsehen.
  • Berufstätigen (allein erziehenden) Eltern fehlt häufig die Zeit für die Kinder.
  • Eltern sind zu sehr mit eigenen Interessen beschäftigt, um sich mit Spielen auf Kindesebene zu befassen.

Die unterschiedliche Betroffenheit der anwesenden Eltern zeigte, dass für die weitere Arbeit am Thema dringend ein klar strukturiertes Konzept gefunden werden muss, um die Arbeit erfolgreich weiterführen zu können. Aus der Diskussion ergab sich aber auch die einhellige Meinung, dass die Mehrheit der anwesenden Eltern die Auseinandersetzung mit dem Thema wünscht.

Im Anschluss an diese Veranstaltung hat die Vorbereitungsgruppe mehrmals über das weitere Vorgehen beratschlagt und zunächst das Resümee gezogen, dass für die Problematik der rechte Zugang zu den Eltern wohl noch nicht gefunden werden konnte und dass man sich wohl auf eine längere Projektlaufzeit einstellen muss. Zur Verbesserung des Zugangs wurde beschlossen, die Behandlung des Problemfeldes weiter aufzufächern und so eine Mitarbeit über verschiedene Ansatzpunkte zu ermöglichen.

Unter dem Motto:

Wer mischt mit – wie – wo – wann?

wurden dann für den Februar 1994 sowohl über die Elternratszeitung als auch nochmals einzeln schriftlich alle inzwischen fast 50 namentlich als interessiert vorgemerkten Eltern zu einem weiteren Plenum mit dem Angebot folgender Themen eingeladen:

  • Mitarbeit bei einer Initiative gegen die Gewalt im Fernsehen
  • Betreuung einer Videowerkstatt für die »Kielort«-Kinder
  • Engagement für ein Profi-Theaterstück
  • Gesprächskreis mit einem Mann, der über seine Gewalt redet
  • Gesprächskreis: Alte Moral – Neue Werte
  • Organisation einer außerschulischen Kinderbetreuung durch Eltern
  • Organisation einer Kindersprechstunde bei Omas und Opas
  • Gründung einer Selbsthilfegruppe für allein erziehende Frauen und Männer
  • Kreativwerkstatt: Verrückte Ideen, die etwas bewegen, oder:
    Das Projekt, an das bis heute noch keiner gedacht hat

Zur Einstimmung gab es einen Videofilm zum Thema, der Jugendliche zeigte, die vor einem Fernseh-Bildschirm saßen und Filme mit Gewaltszenen erlebten, der allen Anwesenden sehr »unter die Haut« ging.

Als Ergebnis der Diskussion haben sich je ein Mitglied der Projektgruppe mit jeweils zwei bis drei weiteren Eltern in fünf Teams zusammengefunden, die sich vorgenommen haben, jeweils intensiv an einem der folgenden Teilgebiete zu arbeiten:

  1. »Mit Alltagsgewalt umgehen« – Wir wollen praktisch lernen, mit Alltagsgewalt umzugehen.
  2. »Stimmungsbild« aufnehmen: Wie gehen die Kinder unserer Schule tatsächlich miteinander um?
  3. »Kinderspiele auf dem Schulhof« – Wir bieten zu bestimmten Zeiten für Kinder auf dem Schulhof alte und neue Spiele an.
  4. »Elternschule«: Der Schulpsychologe unserer Schule wird mit uns ein Konzept entwickeln, wie wir das Thema weiter voranbringen können.
  5. »Gewalt-Verzicht im Fernsehen« – Aufruf zur Beteiligung an einer bundesweiten Unterschriften-Aktion, der dann nach Beschluss durch den Elternrat in der Elternrats-Zeitung abgedruckt wird.

In der Elternrats-Zeitung wurden alle Eltern der Schule über das Ergebnis und die neuen Initiativgruppen informiert.

 

Zu 4. »Elternschule«

Zusätzlich zur allgemeinen Information durch die Elternrats-Zeitung  wurden mit persönlichen Anschreiben die namentlich erfassten ca. 50 speziell interessierten Eltern im April 1994 zur Vorbereitung einer speziellen »Elternschule« zum Thema eingeladen, deren Konzept der Schulpsychologe der Schule nach einem Einführungsreferat über die Entstehung von Gewalt vorstellte.

Diese Veranstaltungsreihe bot der Schulpsychologe (als einmalige Pilotveranstaltung unentgeltlich außerhalb seiner Dienstverpflichtung) in wöchentlicher Folge an 5 Abenden an:

 

    1. Abend:  »Die typischen Zwölf«

    Anhand typischer Elternreaktionen in Konfliktsituationen sollen Hemmnisse in der Kommunikation als Ursachen für ein Nicht- oder auch Missverstehen beschrieben werden. Wir wollen überlegen, was diese Verhaltensweisen beim Kind auslösen und wie es in der Regel darauf reagiert.

     

    2. Abend: »Aktives Zuhören«

    Im Unterschied zum passiven Zuhören oder Schweigen ist aktives Zuhören eine effektivere Form des Kontaktes, bei dem der Zuhörer mit dem Sprechenden in eine Beziehung tritt. Dadurch kann verhindert werden, dass die Kommunikation zwischen Menschen misslingt. Oft sind es gerade die (nicht erkannten) »Missverständnisse«, die zu Konflikten führen können.

     

    3. Abend: »Ich-Botschaften«

    Du-Botschaften signalisieren dem anderen, dass er Schuld hat, und fordern damit seinen Widerstand heraus; Ich-Botschaften dagegen sind eine Sprechweise, in der ich meine Empfindungen mitteile und damit Verständnis beim Kind hervorrufen kann.

     

    4. Abend: »Die Anwendung elterlicher Autorität«

    Der Umgang mit Macht ist ein Problem, das in allen menschlichen Gruppierungen, in der Schule, in der Familie, im Beruf, in der Ehe auftaucht. Der Abend soll Gelegenheit geben, über Macht und Ohnmacht und vor allem über Alternativen nachzudenken.

     

    5. Abend: »Die Niederlage-lose Methode«

    Die Anwendung dieser Methode (Gordon: Familienkonferenz) ermöglicht es den Eltern, die »Aktives Zuhören« und Ich-Botschaften anwenden, in der Weise Konflikte zu lösen, dass beide Seiten mit dem gefundenen Konflikt zufrieden sein können. Es gibt dabei also keinen Sieger und keinen Verlierer, und gewinnen können schließlich sogar alle!

     

Die bei der Vorbesprechung anwesenden 12 Eltern haben sich auf dieses Konzept geeinigt und zur Teilnahme angemeldet, später kamen noch 3 weitere Eltern hinzu.

Sämtliche Bausteine haben bei sehr kontinuierlicher Teilnahme aller Eltern stattgefunden und wurden anschließend über Fragebögen zur Evaluation eindeutig sehr positiv beurteilt. Insbesondere wurde großes Interesse signalisiert, weiter am Thema zu arbeiten.

 

Zu 5. »Gewalt-Verzicht im Fernsehen«

Der Aufruf zur Beteiligung an einer bundesweiten Unterschriften-Aktion zum Gewaltverzicht im Fernsehen brachte immerhin über 50 Unterschriften ein, hatte aber durch die Intervention eines Mitbürgers die Rüge der Schulbehörde zur Folge, dass solche Aktionen nicht zu den offiziellen Aufgaben des Elternrates der Hamburger Schulen gehörten und deshalb zu unterlassen seien.

(Dieses Fazit dürfte nicht nur bei den beteiligten Elternratsmitgliedern auf Befremden gestoßen sein, zeigt aber auf, welch enge Grenzen der Elternarbeit in diesem Fall juristisch gesetzt sind. Die Rüge wurde andererseits zum Anlass genommen, über Kreiselternrat und Elternkammer darauf hinzuwirken, den entsprechenden einschränkenden Passus im Hamburger Schulverfassungsgesetz zu ändern. Und – welch Wunder – im zwei Jahre später veröffentlichten Referentenentwurf für ein neues Schulgesetz zeigte sich tatsächlich eine entsprechende Erweiterung der Kompetenz der Hamburger Elternräte!)

 

Zu 1. – 3. Die übrigen Initiativgruppen

haben sich zunächst ebenfalls weiter mit ihrer jeweiligen Thematik auseinander gesetzt, die Rückmeldungen für die Organisation eines Erfahrungsaustausches in einem Plenum wurden jedoch auf die Zeit nach den Sommerferien vertagt. Bei den nächsten Elternratssitzungen nach den Sommerferien beschränkten sich die Rückmeldungen dann allerdings darauf mitzuteilen, dass zwar noch einige informelle Gespräche stattgefunden haben, mit konkreter weiterführender und auswertbarer Arbeit aber nicht begonnen wurde. Auch später trafen trotz Nachfrage keine weiteren Ergebnisse ein und durch weitere Rückfragen wurde festgestellt, dass die Initiativgruppen nicht mehr tätig waren.

Von der ursprünglichen Vorbereitungsgruppe des Projekts waren zwei Eltern wegen des Übergangs ihrer Kinder an weiterführende Schulen und eine Mutter wegen abnehmendem Interesse und anderweitiger Arbeitsbelastung ausgeschieden, so dass das Projektteam nunmehr nur noch aus zwei Eltern und dem Schulpsychologen bestand.

 

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Arbeitsphase

Aufbauend auf dem positiven Zwischenergebnis des Pilotdurchgangs der speziellen Elternschulung wurde einerseits insbesondere aufgrund der nachdrücklichen Bitten der Eltern, die an der Pilotschulung teilgenommen hatten, andererseits auch um die Eltern der neuen ersten Klassen einzubeziehen zu einer weiteren Veranstaltung eingeladen. Für die Arbeit am Thema wurde den TeilnehmerInnen das im Anhang aufgeführte Arbeitsmaterial zur Verfügung gestellt, das anhand vorhandener Literatur, besonders des Elternbriefs »Gewalt ist keine Lösung« des Arbeitskreises Neue Erziehung e.V. Berlin (zu beziehen über die Regionalen Jugendämter) speziell zusammengestellt worden war.

 

Rundschreiben1.doc

 

An der Veranstaltung haben etwa 25 Eltern, der Schulpsychologe als Referent, die Schulleiterin, die Beratungslehrerin und eine weitere Lehrerin teilgenommen. Außer der punktuell recht intensiven Auseinandersetzung mit verschiedenen Teilaspekten des Themas wurde beraten, in welcher Form im Projekt weitergearbeitet werden soll. Neben einer generellen Befürwortung zur Fortsetzung des Projekts wurden keine neuen Aspekte erkennbar. Insbesondere wurden keine konkreten Vorschläge für die ursprünglich beabsichtigte Zusammenführung von Elternarbeit und der Arbeit im Lehrerkollegium gemacht. Die anwesenden Mitglieder des LehrerInnenkollegiums haben ihre Teilnahme auf die Funktion von Beobachterinnen beschränkt und wollten in der Lehrerkonferenz über die Arbeit der Eltern berichten.

 

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Weitere Aktivitäten

Das Projekt war inzwischen durch die Berichterstattung in den von der Schulbehörde herausgegebenen Mitteilungen »Hamburg macht Schule« und »Elternratgeber« sowie durch Mund-zu-Mund-Propaganda auch bei anderen Schulen im Bezirk bekannt geworden, und so kam der Projektleiter der Einladung des Elternrates einer anderen Grundschule nach, dort über Einzelheiten des Projekts zu berichten.

Zu der Präsentation am 23.2.95 – in der Grundschule Lutterothstraße – erschienen über 60 Eltern, Lehrerinnen und Lehrer. Alle Erschienenen bekamen das o.g. Arbeitsmaterial zur Verfügung gestellt. Es stellte sich allerdings heraus, dass die Erwartungen an das Projekt dahin gingen, als Betroffene fertige Problemlösungen vermittelt zu bekommen. Der Hinweis, dass hier das persönliche Engagement jedes Einzelnen, besonders in seinem eigenen Wirkungsbereich zur Erarbeitung von Lösungen gefragt war, wurde zwar verständnisvoll zur Kenntnis genommen, stieß aber nicht auf eine breite Resonanz zu persönlicher Mitwirkung. Die Elternschaft einer der 17 Klassen war allerdings sehr an einer speziellen Schulung analog zum Pilotdurchgang in der Kielortallee interessiert, musste jedoch wegen der zur Bezahlung eines Referenten nicht vorhandenen Finanzquellen vorerst vertröstet werden.

 

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FINANZIERUNGSPROBLEME

Die Erörterung der Erhebung von kostendeckenden Teilnahmeentgelten ergab, dass das Kostenproblem auf diesem Wege nicht zu lösen war. Die Bereitschaft zur Bezahlung der tatsächlichen Kosten (für einen Kurs wären je TeilnehmerIn ca. DM 100,– an Kosten abzudecken gewesen) war sehr unterschiedlich. Auch wegen der uneinheitlichen sozialen und wirtschaftlichen Struktur der Eltern konnte diese Lösung schließlich nicht in Betracht gezogen werden. Allenfalls wäre die Bereitschaft zur Zahlung eines Anerkennungsbetrags (maximal in Höhe der Entgelte für die Teilnahme an Volkshochschulkursen) zu erreichen gewesen, doch damit war die Finanzierung fachkundiger Referenten nicht zu lösen. Die aus fachlicher Sicht in Frage kommenden Schulpsychologen schieden formal deshalb aus, weil eine Elternschulung im Rahmen ihrer beruflichen Funktion nicht zu den Aufgaben der Schulpsychologischen Dienste gehört.

So wurde nach neuen Wegen zur Lösung der Finanzierung gesucht. Mit dem Projekt verbunden war ja das Ziel, spezielle Elternkurse zum Thema an den offiziellen Eltern- und Volkshochschulen der öffentlichen Träger (Bezirksämter bzw. Senatsbehörden) einzurichten.

Im Frühjahr 1995 konnte das Projekt auf der »Stadtteilkonferenz« des Stadt-Bezirkes vorgestellt werden. Dabei wurden als besondere fachlich-inhaltliche Aspekte die parallel zu forcierenden Schwerpunkte »Vorbeugen« und »Einschreiten« herausgestellt.

Bei dieser Präsentation wurde die in der Stadtteilkonferenz vertretene Elternschule des Stadtbezirks für die Aufnahme der Kurse in ihr Herbstprogramm gewonnen, wobei allerdings für die Bezahlung der Referenten noch Finanzmittel gesucht werden mussten. Über persönliche Kontakte des Projektleiters und des Schulpsychologen konnte schließlich der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen BDP e.V. für die fachliche und finanzielle Unterstützung des Projekts gewonnen werden, der im Rahmen des Projekts auch einen Zuschuss für die Kosten der Honorare der Referenten übernahm. Der Elternrat der Schule Kielortallee als Träger des Projekts stimmte der Kooperation mit dem Verband und meiner Funktion als Projektleiter zu.

Damit hatte das Projekt nun eine gewisse tragfähige Basis bekommen, sollte allerdings besonders im Hinblick auf die Aktivität der offiziellen Elternschule auch auf andere Grundschulen im Bezirk ausgedehnt werden. Hierfür wurden als Kompromiss zwischen Aufwand und verfügbaren Mitteln die 6 am dichtesten benachbarten Grundschulen, später noch die Förderschule des Bezirks, ausgewählt. Damit konnten die Eltern von insgesamt über 2.000 Kindern angesprochen werden.

Andererseits wirkte der Elternrat der Schule jetzt nur noch formal als Träger. Die organisatorische Projektarbeit wurde zwar weiterhin von mir als Mitglied des Elternrates geleistet und gleichzeitig war ich als Mitglied und Funktionär des BDP dort für das Projekt verantwortlich. Fachlich tätig aber waren nun der Schulpsychologe, ein weiterer für die Kurse gewonnener Referent und die Leiterin der Elternschule. Der Bezug des Projekts zum Elternrat diente im wesentlichen nur noch dazu, die Elternräte und Eltern der anderen Schulen über den preiswerten Weg der »Kinderpost« (Informationen an die Eltern werden auf dem Wege Elternrat-Schulleitung-Klassenlehrer-Kinder an deren Eltern befördert) erreichen zu können.

Als erste Aktion auf der neuen Basis wurde beschlossen, die Eltern aller Kinder der einbezogenen Schulen auf die speziellen Kurse der Elternschule aufmerksam zu machen. Über die Schulleitungen wurden die Elternräte der o.g. Schulen angeschrieben und Informationsmaterial zur Verteilung an alle Eltern zur Verfügung gestellt.

 

Rundschreiben2.doc

 

Die Resonanz auf diese Informationen war recht spärlich, es kam gerade die für die beiden Kursreihen ausreichende Zahl von Anmeldungen zustande, die dann im Herbst 1995 auch durchgeführt wurden. Wie der Pilotdurchgang wurde die Schulung von den teilnehmenden Eltern wieder sehr positiv bewertet.

Als ein möglicher Grund für die geringe Resonanz auf die Einladungen wurde in Betracht gezogen, dass die Form der schriftlichen Information nicht genügt. So wurde beschlossen, den Elternräten der angesprochenen Schulen persönliche Informationen über die Kurse der Elternschule zu geben. Für das Frühjahr 1996 wurden darum zwei weitere Kursreihen zum Thema an der »Elternschule am Grindel« organisiert. Einzelne Mitglieder der Elternräte der Schulen wurden nun persönlich angesprochen, über das Projekt informiert und angeboten, in den Elternratssitzungen den übrigen Elternratsmitgliedern und anderen interessierten Eltern das Projekt und das Angebot der Elternschule vorzustellen. Es kamen zwei Veranstaltungen zustande, zu denen dann auch die Eltern der anderen Schulen eingeladen worden waren.

Während die eine der beiden Veranstaltungen, die im Rahmen einer Elternratssitzung stattfand, gut besucht war, erschienen zu der anderen, die speziell zum Thema angesetzt war, außer der Schulleitung und drei Elternratsmitgliedern der eigenen Schule nur noch drei weitere Personen.

 

Rundschreiben3.doc

 

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AUSSICHTEN

Es ist im Rahmen des Projekts nicht gelungen zu ergründen, welche Hürden speziell bei der Ansprache der Eltern wohl vorhanden waren und nicht überwunden werden konnten. Die Vermutung liegt allerdings sehr nahe, dass es eventuell die Angst ist, sich bereits durch die Signalisierung der Teilnahmebereitschaft an einem solchen Kurs als selbst mit Gewaltproblematik Involvierte zu enttarnen und dann vorsorglich lieber überhaupt nicht in Erscheinung zu treten.

Bezogen auf den Aufwand, der für die Werbung zu den Kursen getrieben wurde, war die Zahl der Anmeldungen gerade nur so groß, dass auch diese beiden Kursreihen mit der vorgesehenen Zahl von 12 bis 15 TeilnehmerInnen wieder durchgeführt werden konnten. Wiederum war die Resonanz bei den TeilnehmerInnen eindeutig positiv. Die Elternschule musste allerdings davon absehen, weitere Kurse wie beabsichtigt in ihr reguläres und damit selbstfinanziertes Programm aufzunehmen, weil sie den bisher für das Zustandekommen genügender Teilnehmerzahlen erbrachten Werbeaufwand selbst nicht hätte tragen können.

Nach dem mit Ende des Schuljahres durch Übergang der Kinder an weiterführende Schulen bedingten Ausscheiden sowohl des verbliebenen Restmitglieds des Projektteams als auch meiner Person aus der Elternschaft der Schule konnte die Funktion der Projektleitung nicht neu besetzt werden.

Das Projekt-Team beschloss deshalb mit Zustimmung des Elternrats, das Projekt mit einer Aktion für die Kinder abzuschließen: Aus den Restmitteln des Projekts wurden für alle Kinder der das Projekt tragenden Schule T-Shirts beschafft, die mit einem Slogan »Prügeln? Nein danke« bedruckt wurden und zusammen mit den Klassenlehrerinnen zum zusätzlichen Bemalen mit Stoffarben zum Thema verwendet werden sollten. Die Farben konnten ebenfalls aus Projektmitteln zur Verfügung gestellt werden.

Zur großen Verwunderung der engagierten Eltern stieß diese letzte Aktion beim Lehrerkollegium auf sehr geteilte Resonanz, nur 7 der 18 Klassenlehrerinnen wollten die T-Shirts zusammen mit den Kindern ihrer Klasse bemalen. Offiziell wurden keine Gründe für das nicht vorhandene Interesse der übrigen Lehrerinnen in Erfahrung gebracht.

Spekulation: Das Lehrerkollegium empfand das ganze Projekt, auch wenn es auf der Elternseite nur bescheiden erfolgreich war, als zu stark von den Eltern dominiert. Die Lehrerschaft selbst hatte zum Thema außer der zu Beginn abgehaltenen Pädagogischen Konferenz auch keine parallelen Aktionen durchgeführt. So konnte die als letzte Projektphase geplante Zusammenführung von Eltern- und Lehrer-Aktivitäten auch nicht stattfinden. Durch die teilweise ablehnende Haltung des Kollegiums zur T-Shirt-Aktion, die den Lehrern zunächst als gemeinsame Abschluss-Aktion von Elternrat und Lehrerkollegium angeboten worden war, konnte die Bedeutung des Elternerfolges im Projekt noch etwas gedämpft werden.

 

Rundschreiben4.doc

 

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ABSTRICHE ...

In Zusammenarbeit mit der öffentlichen Elternschule konnten von den ursprünglich geplanten insgesamt 10 Durchgängen neben dem Pilotdurchgang nur 4 Kursreihen des speziellen Kommunikationstrainings durchgeführt werden.

Von einem Engagement einer Theatergruppe zur Mitwirkung bei den Einführungsveranstaltungen musste abgesehen werden. Zum einen stand eine Theatergruppe mit einem Repertoire speziell zum Thema nicht zur Verfügung, zum anderen hätte deren Finanzierung den Kostenrahmen gesprengt, besonders wenn der Aufwand zur Einstudierung eines entsprechenden Stückes hätte mitfinanziert werden müssen.

Über den Projektverlauf wurde das Lehrerkollegium durch die Veröffentlichungen in der Elternratszeitung laufend informiert. Das parallele Projektteam der Lehrerinnen wurde zu den beiden zusammenfassenden Veranstaltungen eingeladen und hat dort auch beobachtend teilgenommen. Zu der ursprünglich geplanten, breiter angelegten Veranstaltung eines gemeinsamen Erfahrungsaustausches zwischen Eltern und Lehrern unter fachkundiger Moderation ist es aber nicht gekommen.

Eine besondere Infoschrift, die über diesen Projektbericht hinausgeht, wird wegen der nicht so herausragenden Ergebnisse ebenfalls nicht erstellt werden.

Von einer speziellen Abschlussveranstaltung und Berichterstattung an die Presse wird ebenfalls Abstand genommen.

 

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RESÜMEE

Im Rahmen des Projekts konnten insgesamt rund 60 Eltern von Grundschulkindern in speziellen Kommunikationstrainings im Hinblick auf gewaltfreien Umgang, speziell zwischen Eltern und Kindern, besonders auch in Bezug auf Prophylaxe, geschult werden. Der Aufwand, die Eltern über die Schwelle zur persönlichen Auseinandersetzung mit dem Thema zu bewegen, war allerdings sehr groß.

Als Schwerpunkt der Arbeit wurden Eltern in ihrer primären Funktion als die Erzieher ihrer eigenen Kinder angesprochen und dadurch mit eventuell vorhandenen eigenen Defiziten konfrontiert.

Bei der Arbeit am Thema wurde deutlich, dass schnelle Lösungen nicht zu erreichen sind.

Ein Projekt dieses Umfangs mit einer Laufzeit von fast drei Jahren erscheint im Nachhinein für den Elternrat einer Grundschule sehr groß.

Neben der ehrenamtlich geleisteten Arbeit, der Bereitstellung von Schulräumen, der Arbeitskapazität von Mitarbeitern der Schulbehörde und der Leiterin der regionalen Elternschule betrug der finanzielle Aufwand für die Bezahlung der Referentenhonorare, Drucksachen und Porti knapp DM 8.000,–.

Dieser Projektbericht wird den Elternräten und Schulleitungen der beteiligten Schulen, der Dienststelle Schülerhilfe der Schulbehörde, der »Elternschule Am Grindel«, dem Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen und der Elternkammer Hamburg zur Kenntnis gegeben.

Es soll versucht werden, interessierte Medien zur konstruktiven fachlichen Berichterstattung über die Erfahrungen aus diesem Projekt zu gewinnen.

Das für die Information zum Thema von mir erarbeitete Arbeitsmaterial steht im begrenzten Umfang allen Interessierten zur Verfügung und kann als Kopiervorlage bis auf weiteres bei mir angefordert werden.

Hamburg, im August 1996

 

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ANHANG

Anhang.doc

Links:

Über den Autor Peter Riedel

www.bdp-schulpsychologie.de

www.schulpsychologie.de

 

© 2003 by Peter Riedel